Geschichtlicher Aufriss der Bonner Burschenschaft Frankonia
Die Bonner Burschenschaft Frankonia wurde am 11. Dezember 1845 als Abspaltung der allgemeinen Burschenschaft Fridericia von zwölf Studenten gegründet. Als erster Sprecher stand ihr Bernhard von Gudden vor.
Die Gründer der Frankonia fürchteten, dass die persönlichen Eigenschaften der Studenten in einer zu großen Allgemeinheit verloren gehen könnten. Daher wurde von Beginn an Wert auf Kameradschaft und „innere Vornehmheit“ bei individueller Verschiedenheit gelegt.
Das zeigte sich schon 1848/49, als sich der Bonner Franke Carl Schurz und einige seiner ebenfalls revolutionär gesinnten Bundesbrüder mit konservativ gesinnten Franken in der Verbindung ideell und im Disput auseinandersetzen konnten. In den kommenden Jahrzehnten bestand die Burschenschaft Frankonia stets auf ihre Eigenständigkeit, die individuelle Verschiedenheit und die starke Verbundenheit ihrer Angehörigen.
„Trübe Zeiten“ lautet die Überschrift eines Kapitels des Buches „Frankonia Bonn 1845 - 1995 - Die Geschichte einer deutschen Burschenschaft“, welches sehr eindrücklich die Situation der Frankonia in der Zeit von 1930 bis 1950 beschreibt.
Beispielsweise erregten Vertreter der Bonner Burschenschaft Frankonia bereits auf dem Burschentag 1929 zusammen mit 35 anderen „weißen“ und „roten“ Burschenschaften Aufsehen, als sie gemeinsam gegen einen Antrag zum Beitritt der Deutschen Burschenschaft (DB) in den (u.a. von der NSDAP initiierten) „Reichsausschuß für das Volksbegehren gegen den Young-Plan“ stimmten. Wesentliches Argument war, dass Frankonia ihren Grundsätzen folge und es ablehne, in den „tages- und parteipolitischen Kampf aktiv einzugreifen“.
Während der Folgejahre verschärfte sich das politische Umfeld für Frankonia und die politisch neutral geprägten Bünde zusehends. Ab 1933 wurde jeder deutschstämmige Student, der sich einschrieb, automatisch auch Mitglied in der Deutschen Studentenschaft (DSt), die seit 1931 vom NS-Studentenbund beherrscht und 1936 faktisch mit diesem zusammengelegt wurde. Die „Gleichschaltung“ durch die Nationalsozialisten reorganisierte die Gesellschaft immer mehr, bis in die tiefsten Strukturen. Dies sollte auch für die studentischen Verbände gelten, insbesondere hinsichtlich der Einführung des „Führergrundsatzes“.
Zur Sicherstellung dieses Zieles wurde auf Anordnung von Rudolf Heß eine „Verbändekommission“ gegründet. In diesem Zusammenhang wurden am 07. Mai 1933 die Amtsleiter der DB von Karl Heinz Hederich aufgefordert, ihre Amtsbefugnisse per Erklärung sofort an Otto Schwab, der erst kurz zuvor der NSDAP beigetreten war, zu übergeben. Schwab begrüßte nachdrücklich die Machtübergabe Hitlers. Der Franke Karl Lohmann, als Vorsitzender der „Vereinigung alter Burschenschafter“, äußerte starke Bedenken gegen eine derartige Erklärung, zog diese aber nach einer unverhohlenen Drohung Hederichs hinsichtlich möglicher „einschneidender Maßnahmen“ wieder zurück. Auf dem Burschentag zu Pfingsten 1933 wurde Schwab zum ersten Führer der Deutschen Burschenschaft gewählt, wobei es faktisch erst gar nicht zu einer ordentlichen Abstimmung kam. Lohmann legte am 10. Mai 1933 sein Amt als Vorsitzender der „Vereinigung alter Burschenschafter“ nieder.
Im August 1933 hatte Schwab, im Sinne des § 3 des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933, Fragebögen bzgl. Rasse und Abstammung verschicken lassen, auch an Frankonia.
Der auf Anordnung von Schwab als sog. Bundesleiter bezeichnete Franke Arthur Lange weigerte sich, diesen „ordnungsgemäß“ zu bearbeiten. Er widersetzte sich hiermit der unmissverständlichen Forderung seitens der Verbandsführung, „jüdisch versippte“ Mitglieder auszuschließen. In einem Brief an einen Freund schreibt er: „Wer das weiß-rot-goldene Band endgültig erhalten hat, bleibt Franke bis zu seinem Tode. Eine Treue mit »Fransen« kenne ich nicht. Gerade durch die beschworene und unerschütterliche Treue unterscheidet sich ein Bund vom Kegelklub...“. Selbst Sympathisanten der NSDAP in der Frankonia waren nicht bereit, ihre bedrohten Frankenbrüder im Stich zu lassen, da ihnen das Prinzip der lebenslangen Bundestreue wichtiger erschien.
Ende 1933 wurde Frankonia seitens Schwab scharf angemahnt. Mit anderen gleichgesinnten Burschenschaften schloss sich Frankonia daher im Dezember 1933 zur „Alten Burschenschaft“ zusammen. Auch der Versuch seitens der DB, per Antrag auf Ausnahmegenehmigung die Namen der jüdischen Franken zu erfahren, scheiterte an Lange. Entsprechend verhielten sich die Verantwortlichen der Burschenschaften Alemannia Bonn und Bubenruthia Erlangen. Schließlich wurde diesen „renitenten“ Bündern von Schwab eine Frist bis zum 28. Februar 1934 gesetzt.
Trotz allem widersetzten sich Frankonia, Alemannia und die Bubenreuther erneut den Anweisungen der Deutschen Burschenschaft und, letztendlich damit auch für alle Beteiligten sichtbar, den direkten Anordnungen Schwabs. Daraufhin erfolgte am 7./8. April der Ausschluss aus der DB und weiteren Mitgliedsverbänden, wie dem Allgemeinen Deutschen Waffenring (AWD).
Damit war die Gefahr allerdings noch nicht gebannt. Der Frankonia drohte weiterhin die Gleichschaltung durch NS-Studentenführung. Um dem zu entgehen und um zu verhindern, die Namen der hierdurch gefährdeten Franken letztlich doch noch preisgeben zu müssen, löste sich die Bonner Burschenschaft Frankonia am 20. Oktober 1935 auf und verkaufte ihr Haus in der Baumschulallee. Als für die Nationalsozialisten nunmehr weitgehend uninteressante „Kameradschaft Heinrich von Treitschke“ konnte ab 1940 ein Bundesleben im Verborgenen notdürftig aufrechterhalten und so die potentiell bedrohten Franken weiterhin geschützt werden.
Nach 1945 gründete sich die Frankonia als „Akademischer Carl-Schurz-Bund“ an der Universität Bonn neu, 1950 durfte sie wieder den Namen „Bonner Burschenschaft Frankonia“ führen. Seit 1956 hat die Frankonia ihr Domizil in der Lennéstraße 10, unweit des Universitätshauptgebäudes und des Juridicums.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die Bonner Franken unbeirrt für die deutsche Einheit eingesetzt; auch, als dies nicht mehr zeitgemäß erschien. So demonstrierten Bonner Franken 1987 beim Staatsbesuch Erich Honeckers gegen die Menschenrechtsverletzungen der DDR und steckten 1989 am Tag des Falls der Mauer eine schwarz-rot-goldene Fahne an das Beethoven-Denkmal am Bonner Münsterplatz.
Wer mehr über uns und die Geschichte der Bonner Burschenschaft Frankonia erfahren möchte, kann dies nachlesen in: "Frankonia Bonn 1845 - 1995 - Die Geschichte einer deutschen Burschenschaft" von Hans-Georg Balder